Japan Geschichte

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    Vor- und Frühgeschichte

    Erste datierte Besiedlungsspuren der Inseln, die heute zu Japan gehören, stammen aus der Zeit ab dem 5. Jahrtausend v.Chr. (Jomon-Kultur). Ab 300 v.Chr. folgte die Yayoi-Kultur (auch: Yaoi), die ungefähr bis 300 n.Chr. andauerte. Hier dürfte es sich um Einwanderer vom asiatischen Festland gehandelt haben. Bereits im 1. Jahrhundert v.Chr. wurde offensichtlich Handel mit China betrieben. Vermutlich entstanden aus der Jomon- und aus der Yayoi-Kultur das japanische Volk, ohne dass die genaue Völkerfamilie eingegrenzt werden kann.

    Um 400 n.Chr. entstand auf der Insel Honschu das Yamato-Reich, dessen führende Mitglieder dem Adelsgeschlecht (Clan) der Tenson angehörten und denen es gelungen war, andere Clans zu unterwerfen. Ein erster Staatenverbund wurde gebildet, im Yamato-Reich wurde der Grundstein für das japanische Kaiserreich gelegt. Im 6. Jahrhundert hielten die chinesische Kultur und Schrift und der Buddhismus Einzug auf den japanischen Inseln, demgegenüber standen die Anhänger des Shintoismus ("Weg der Götter"), der sich bis zum 3. Jahrhundert n.Chr. herausgebildet hatte. Der Übertritt vieler Clanführer zum Buddhismus führte zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen zwischen der shintoistischen Adelsfamilie der Monotobe und den buddhistischen Soga. Aus den Kämpfen (538-587) gingen die Soga als Sieger hervor. Zum japanischen Reich gehörten zu dieser Zeit fast die gesamte Insel Honschu und Teile von Schikoku und Kyushu. 594 wurde der Buddhismus zur Staatsreligion erklärt.

    Zehn Jahre später erließ Kronprinz Shotoku eine Art Verfassung, die aus 17 Artikeln bestand und in der die Umgestaltung der altjapanischen Sippengesellschaft hin zu einem monarchischen Vasallenstaat nach chinesischem Vorbild vorgesehen war. Der absolute Herrschaftsanspruch des Kaisers (Tenno = Sohn des Himmels) wurde aus dessen göttlicher Abstammung heraus legitimiert. Die Macht der einzelnen Adelsfamilien wurde vom Kaiser drastisch eingeschränkt, die Verwaltungsaufgaben wurden einem Beamtenapparat übertragen. Die vom Tenno durchgeführte soziale Umgestaltung rief erhebliche Proteste hervor, wurde aber auch von dessen Nachfolgern weitergeführt. Ende des 7. Jahrhunderts galt der Aufbau des absolutistischen Staates als abgeschlossen: Der Kaiser besaß das Land, seine Beamten verwaltete es, der Boden wurde nach einem bestimmten Plan an Pächter verteilt. Acht Ministerien und ein Großkanzler führten die Regierungsgeschäfte des Landes.

    710 wurde die Stadt Heijo (heute: Nara) Hauptstadt des japanischen Kaiserreiches. In der folgenden Nara-Zeit erlebte das Reich eine erste Blüte in Kunst und Kultur. Der Nara-Zeit folgte die Heian-Epoche (ab 794). Ab 784 ließ Kaiser Kammu eine neue Hauptstadt nach dem Modell der alten chinesischen Hauptstadt Chang-an bauen, die zunächst Heian-kyo, dann Miyako und schließlich Kyoto genannt wurde und die bis 1868 offizielle Hauptstadt des japanischen Kaiserreiches bleiben sollte. In der Heian-Periode erreichte die aristokratische Kultur Japans einen Höhepunkt, aus den geschulten Hofbeamten war ein Hofadel entstanden, dessen Einflussbereich ständig zunahm. Zugleich erreichte das Reich seine bis dahin größte Ausdehnung, fast der gesamte Norden von Honschu wurde erobert, das Volk der Ainu wurde auf die nördliche Insel Hokkaido verdrängt.

    Mittelalter

    Ab 858 begann die so genannte Fujiwara-Zeit, benannt nach der einflussreichen Fujiwara-Familie, die die Vormundschaft über den nahezu völlig entmachteten Tenno übernahm. Ebenso wie der Hofadel (Kuge) gewann im Laufe des 11. Jahrhunderts der Schwertadel (Buke) an Bedeutung. Aus den Auseinandersetzungen der beiden mächtigsten Geschlechter der Taira und der Minamoto (Heiji-Krieg 1156-59; Gempei-Krieg 1180 bis 85) gingen schließlich die Minamoto als Sieger hervor. Den Familien dienten dabei treu ergebene Samurais, Angehörige des Kriegeradels. Minamoto no Yoritomo, der Führer der siegreichen Familie, ließ sich Ende des 12. Jahrhunderts vom Tenno zum Shogun machen, einer Art Militärdiktator (Shogun bedeutet sinngemäß "Oberkommandierender für die Unterwerfung der Barbaren"). Der Hofadel verlor gegenüber dem Shogun und seinen Anhängern an Macht und Besitz. In der Zeit von 1192 bis 1868 spricht man von der Zeit der Shogune, in der der Kaiser nur ein Schattendasein führte. Gemäß den militärischen Zentren, in denen der Shogun residierte, wird diese Phase in die Kamakura-Zeit (1192 bis 1333), die Muromachi-Zeit (1338-1573) und die Edo-Zeit (auch: Tokugawa-Zeit, 1603-1868) unterteilt. Nicht immer war der Shogun unangefochtener Führer des Reiches, kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Adelsfamilien kamen ebenso vor wie Versuche, dem alten Kaisertum wieder zu neuer Macht zu verhelfen.

    In der Mitte des 16. Jahrhunderts traten die Europäer in Form von portugiesischen Seefahrern und Missionaren auf den Plan, die sich um die Christianisierung der japanischen Bevölkerung bemühten. Als indirekte Folge davon ließen zum Christentum übergetretene Shogune wie z.B. Daimyo Oda Nobunaga zahlreiche buddhistische Klöster zerstören.

    Neuzeit

    In der Zeit des Edo-Shogunats (ab 1603, Sitz des Shogun wurde die Stadt Edo, das spätere Tokio) wurde die Bevölkerung Japans in vier Stände eingeteilt: Neben dem Schwert- und Kriegeradel gab es die vom Adel abhängigen Bauern, die Handwerker und Kaufleute. Ein Aufstieg in die Adelsschicht aus einer der anderen war nicht möglich. Ein straff organisierter Zentralstaat entstand. Neben den Portugiesen gründeten auch die Holländer Niederlassungen auf japanischem Boden. 1639 ließ der Shogun Iemitsu alle Europäer ausweisen, schon vorher hatte die Phase der Christenverfolgung in Japan begonnen (rund 500 000 Japaner waren zu dieser Zeit Anhänger des Christentums). Blutiger Abschluss war die Niederschlagung eines Aufstandes christlicher Bauern im Jahr 1638 auf Kyushu und im folgenden die Hinrichtung fast aller Christen.

    Japan schottete sich systematisch nach außen ab (Sakoku), weder durften Japaner das Land verlassen, noch durften ausländische Schiffe in den Häfen anlegen. Durch die straffe Organisation der Gesellschaft und das Ausschalten unerwünschter Einflüsse (und damit kriegerischen Auseinandersetzungen) erlebte Japen eine Zeit der kulturellen und wirtschaftlichen Blüte, in der Schulen und Straßen gebaut und Bodenschätze erschlossen wurden. Davon profitierten vor allem die reichen Lehensfürsten, während die Bevölkerung oft in strenger Armut lebte. Aus den Kaufleuten in den Städten wurde eine wohlhabende, einflussreiche Bürgerschicht (Chonin).

    Diese neue Schicht war es auch, die etwa ab Mitte des 18. Jahrhunderts eine Aufweichung der starren Haltung Japans gegenüber außen forderte, um die Handelsbeziehungen ausbauen zu können, wobei ihre Wünsche bei den Shogunen auf kein Gehör stießen.

    Das 19. Jahrhundert

    Die Isolation Japans endete erst durch Zwang von außen: Im März 1854 wurde der Shogun durch eine amerikanische Flotte, die in der Bucht von Edo in Stellung gegangen waren, zur Unterzeichnung eines Freundschafts- und Handelsvertrages gezwungen, der japanische Häfen für amerikanische Schiffe öffnete (Vertrag von Kanagawa). In den nächsten Jahren zogen Russland, Großbritannien, die Niederlande, Frankreich und Preußen mit ähnlichen Verträgen nach, in denen u.a. niedrige Einfuhrzölle für ausländische Waren festgelegt wurden.

    In Japan forderte eine immer größer werdende Anzahl von Lehensfürsten eine völlige Öffnung des Landes nach Westen, auf der anderen Seite kam es zu vielen fremdenfeindlichen Zwischenfällen, die immer wieder die ausländischen Flottenverbände auf den Plan riefen. 1867 trat der letzte Shogun Yoshinobu, der aus der einflussreichen Tokugawa-Familie stammte, zurück, nachdem seine Armeen gegen die kaiserlichen Truppen unterlegen waren. Tenno Mutsuhito, der 122. japanische Kaiser, benannte Edo in Tokio um und erklärte dieses zur offiziellen Hauptstadt des Kaiserreichs. Gegen die konservativen Stimmen im Land begann die Umwandlung Japans hin zu einem modernen Rechtsstaat nach westlichem Vorbild: Zu den ersten Maßnahmen gehörten die Abschaffung des Feudalwesens, die Modernisierung der Landwirtschaft, die Zentralisierung von Regierung und Bürokratie und die Einführung eines neuen Steuersystems, des Gregorianischen Kalenders und der Schulpflicht. Aus den westlichen Ländern wurden Fachleute aus Wirtschaft und Technik ins Land geholt, und viele Japaner ins Ausland geschickt. In den folgenden Jahrzehnten schritt die Industrialisierung Japans schnell voran. 1889 wurde eine neue Verfassung erlassen, nach der Japan fortan eine konstitutionelle Monarchie war mit einem Zwei-Kammern-Parlament, dessen Befugnisse allerdings stark eingeschränkt waren. Auch außenpolitisch änderte sich das Verhalten Japans drastisch hin zu einer Ausdehnung des eigenen Machtbereichs: 1894 kam es mit China zum Krieg um die Oberhoheit auf der koreanischen Halbinsel, in dem China unterlag. Im Friedensvertrag von Shimonoseki 1895 musste China die Insel Formosa (Taiwan) und die Pescadores-Inseln an Japan abtreten, die Unabhängigkeit Koreas anerkennen (wobei Korea jedoch de facto von Japan abhängig war) und enorme Reparationszahlungen leisten. Mit Russland geriet Japan 1904 in Konflikt, auch hier blieb das Land siegreich gegen die Truppen des Zaren und erreichte weitere Gebietsgewinne (südliche Hälfte der Insel Sachalin), Russland musste alle Ansprüche auf Korea und die Mandschurei an Japan abtreten. 1910 annektierte Japan Korea und macht es zum japanischen Generalgouvernement.

    Erster und Zweiter Weltkrieg

    Im Ersten Weltkrieg war Japan Verbündeter Großbritanniens, beteiligte sich aber nicht am Krieg in Europa, sondern versuchte, seinen Einflussbereich in China auszubauen: Japanische Truppen besetzten die deutschen Südsee-Kolonien (Marianen, Karolinen, Salomonen, Marshall-Inseln). Im Vertrag von Versailles 1919 wurden Japan die ehemals deutschen Kolonien zugesprochen und zudem erhielt Japan die deutschen Rechte in China. Die weitergehenden Forderungen Japans nach einer Vorherrschaft in China wurden von den Westmächten zurückgewiesen.


    Während nach dem Ersten Weltkrieg in Japan die Demokratisierung des Landes große Fortschritte machte (allgemeines Wahlrecht für Männer ab 25 Jahre, zunehmende Bedeutung der politischen Parteien), wandelte sich das Bild ab Ende der 20er Jahre, einer Zeit, als Japan auch von den Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise betroffen war. Zunehmend gewannen nicht vom Parlament kontrollierte nationalistische Kräfte an Macht. Diese meist radikalen Offiziere, die im Geheimen Staatsrat ihren Sitz hatten und über Berater den Kaiser beeinflussten, unterdrückten demokratische und linksgerichtete Kräfte, ihr Ziel war die Ausdehnung des japanischen Machtbereiches vor allem in China, um für das Land Rohstoffquellen zu erhalten (und damit die Abhängigkeit von den Westmächten zu verringern) und "Lebensraum" für das ständig wachsende japanische Volk zu schaffen. 1931 überfielen japanische Truppen die Mandschurei und errichteten dort den Staat Mandschukuo. 1933 verließ Japan den Völkerbund, ein Jahr später schloss es mit dem nationalsozialistischen Deutschland einen Bündnisvertrag (Antikominternpakt). 1937 wurde durch einen japanischen Angriff der japanisch-chinesische Krieg ausgelöst, in dem Japan weite Teile Chinas besetzte. An der Seite Deutschlands und Italiens, das 1937 dem Antikominternpakt beigetreten war, nahm Japan am Zweiten Weltkrieg teil. 1941 dehnte sich der Krieg auf den pazifischen Raum aus, als nach dem Angriff japanischer Truppen auf den amerikanischen Stützpunkt Pearl Harbour das Land Großbritannien und den USA den Krieg erklärte. Der Zweite Weltkrieg endete durch den Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki am 6. bzw. 9. August 1945 durch die Amerikaner.

    Nachkriegszeit

    Bis 1952 blieb Japan von amerikanischen Truppen besetzt und unterstand einer US-Militärregierung, unter deren Regie die Demokratisierung begann (Verurteilung der Kriegsverbrecher, Umerziehung der Bevölkerung, Entmilitarisierung, Parteiengründungen, wirtschaftlicher Aufbau). 1947 wurde mit einer neuen Verfassung ein demokratisch-parlamentarisches System geschaffen, in dem der Kaiser nur noch eine symbolhafte Stellung innehat. Im Vertrag von San Francisco 1951 schlossen 48 Staaten einen Friedensvertrag mit Japan, Ausnahmen waren u.a. die UdSSR (Russland hatte nach Kriegsende die Kurilen besetzt und weigerte sich, diese an Japan zurückzugeben) und die Volksrepublik China. Japan verlor Korea, die Insel Taiwan, den Südteil der Insel Sachalin und die Pescadoresinseln.

    1960 schloss Japan mit den USA einen Sicherheitsvertrag, in dem den Amerikanern das Recht zugesichert wurde, Japan weiterhin als Basis für US-Truppen nutzen zu können (strategisch wichtig für die USA im Kalten Krieg mit der UdSSR). Innenpolitisch übernahm Mitte der 60er Jahre Eisaku Sato und seine Liberal-Demokratische Partei (LDP) die Regierung. In dieser Zeit wurde Japan zur drittstärksten Industrienation weltweit, denn ähnlich wie die Bundesrepublik Deutschland hatte das Land in der 50er Jahren eine Art "Wirtschaftswunder" erlebt.

    Auch in den folgenden Jahrzehnten blieb die Liberal-Demokratische Partei LDP (trotz diverser Korruptionsvorwürfe und Skandale) die maßgebliche politische Kraft in Japan mit der absoluten Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments. Als wichtigste Oppositionspartei kristallisierte sich die Sozialistische Partei SP heraus, die ihren Namen zu Beginn der 90er Jahre in Sozialdemokratische Partei Japans (SDPJ) umänderte. Erst 1994 wurde erstmals ein Sozialdemokrat, Tomiichi Murayama, japanischer Regierungschef, die LDP ging erstmals in die Opposition. Wie so viele Regierungsträger vor und nach ihm musste auch Murayama von seinem Amt zurücktreten, in der Folgezeit übernahmen wieder liberal-demokratische Kräfte die Macht, blieben aber auf Koalitionspartner angewiesen.

    Auch die japanische Wirtschaft blieb 1998 nicht von den Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise verschont. Zahlreiche große Firmen meldeten Konkurs an, Banken wurden unter staatliche Kontrolle gestellt, und die japanische Währung Yen erreichte einen Tiefststand gegenüber dem US-Dollar. Auch heute sind die Folgen der Wirtschaftskrise nicht bewältigt.

    Zu Beginn des neuen Jahrtausends bemüht sich Japan weiterhin um eine Aussöhnung und Normalisierung der Beziehungen mit Korea und um eine Einigung mit Russland über die Kurilen, ein nach wie vor bestehender Konflikt, in dem es bereits eine Reihe von Absichtserklärungen gibt, jedoch noch keine konkrete Lösung in Form eines Friedensvertrages. Die sicherheitspolitische Bindung an die USA wird weiterhin aufrechterhalten.