Frankreich (Kunst)

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    Mittelalter

    Die Romanik breitete sich in verschiedenen Schulen der Baukunst in der Normandie (Caen), in Burgund (Cluny, Autun, Vézelay), Aquitanien (Toulouse, Moissac) und der Provence (Arles, Saint-Gilles-du-Gard) aus. Besonders bedeutend für die Entwicklung der Architektur war das Kloster Cluny.


    Gebaut wurden gewölbte Basiliken (Saint-Trophime, Arles), aber auch bald protogotische Formen (in der Normandie und Burgund), mit Staffelchor, Chorumgang, Kapellenkranz, Einwölbung von Mittelschiff mit Kreuzgarten und -rippen, Emporen an der Innenwand, Laufgänge und Dienste, Entwicklung der Zweiturmfassade).

    Erster Sakralbau der französischer Gotik, die in der Ile-de-France unter burgundischen, normannischen und provenzalischer Einfluss entstand, war die Abteikirche Saint-Denis nahe Paris (1132 bis 44) mit Auflösung des streng strukturierten, romanischen Raumes in einen hellen Gesamtraum mit großen Glasfenstern und feingliedrigen Strebepfeilern (Außenbau). Frühgotische Kathedralen sind Chartres, Sens, Senlis, Laôn, Noyon, Paris (Notre-Dâme) u.a.

    Die Entwicklung hochgotischer Sakralarchitektur wurde durch den Ausbau des Chors (fast gleiche Länge wie das Haupthaus) und die zentrale Lage des Querhauses (Neubau in Chartres, Amiens, Reims, Soissons u.a.) bewirkt; die oberen Fensterreihen (Gaden) gliedern sich in zwei Spitzbogenfenster mit Rosette.

    Die Tendenz zur Überdimensionalität (Grundriss, Höhe) trat in der Spätgotik hervor (Bourges, Le Mans, Beauvais, Coutances). Als Ausklang mittelalterlicher französischen Kunst ist der ursprüngliche englische dekorative "Style flamboyant" (preziöse Kleinformen als Dekorationsmittel, Kathedrale von Rouen) zu werten.

    Die romanische Plastik (hauptsächlich Bauplastik wie Reliefs) war bestimmt durch ekstatische Visionen (erste Hälfte des 12. Jh.s) und ausgeprägte Ornamentik (Moissac, Vézelay, Autun u.a.). Auch in der Gotik war die Plastik Bauplastik, auch wenn sie bereits als Vollplastik (Königsportal, Chartres, ca. 1145) existierte. In der Hochgotik wurden freiere Körperhaltung und neue Bildtypen gestaltet (stehende Madonna mit Kind); in der Spätgotik entstanden dann monumentale Plastiken in Burgund (unter Einfluss des Niederländers C. Sluter) und von M. Colombe (in Nantes).

    Im 15. Jh. ragen in der Malerei insbesondere die Gebets- und Stundenbücher hervor (Jean Fouquet). In Avignon am Hof der Exilpäpste (italienischer Einfluss) und in Burgund (flämischer Einfluss) wurde in der mittelalterlichen Malerei das Tafelbild (Altarbild, von der Architektur gelöst) geschaffen. Auf dem Gebiet der Buchmalerei entwickelte sich unter niederländischem Einfluss ein frühbürgerlicher, realistischer Stil (Brüder Limburg). Einen weiteren Höhepuntk der mittelalterlichen Malerei stellen die Glasfenster der Kathedralen dar (Chartres, Bourges, Sainte-Chapelle in Paris).

    16. bis Anfang des 19. Jh.s

    Die französische Renaissance nahm italienische Einflüsse (Leonardo, später Primaticcio u.a.) auf und verschmolz sie mit eigenen Tendenzen. Im 17. Jh. fand die französische Kunst ihre spezifische klassische Form. Gegen Ende des 18. Jh.s, als in Architektur, Bildhauerei, Kunstgewerbe bereits ein klarer Neoklassizismus entstand, stellte die Malerei (J.B.S. Chardin, J.-B. Greuze) Themen des bürgerlichen Lebens dar.

    Mit der Französischen Revolution (1789-94) setzte sich in der französischen Kunst durch Anlehnung an Ideale antiker Demokratie programmatisch der Klassizismus durch (Directoirestil, Malerei J.L. Davids). Im nachfolgenden napoleonischen Empirestil dominierten als Ausdruck feudaler Repräsentation klassizistische Stilelemente (Schloss Malmaison), vermischt mit altägyptischen, assyrischen Momenten.

    Die profane Renaissancearchitektur (Schlossbau) wurde bis gegen Ende des 18. Jh.s durch die politischen Vorgaben (Repräsentation und Ideologie) geprägt; "convenance" (das Angemessene) und "bon goût" (Würde und Geschmack) dominierten die Baukunst. Der nachfolgende Barock setzte die für die Renaissancearchitektur charakteristische Elemente fort, getragen von einer französisch-klassizistischen, rationalen Denkweise (Barock von den Franzosen als Klassik aufgefasst).

    Richtungweisend wurde die Südfassade von Schloss Chambord (1523-35, Frührenaissance), später Zentrum der gesamten Schlosskomposition mit dem Eingangsportal (als Risalit konstruiert) als Symmetrieachse. Die einstige mittelalterliche Vierflügelanlage wurde zur Dreiflügelanlage umgebaut (Schloss Vaux-le-Vicomte, 1655-62), so dass die Fassade (bzw. Hauptgebäude, "Corps de logis") durch Seitenflügel mit Ehrenhof gegliedert ist. Diese Komposition wurde zum Muster für Ludwigs XIV. Riesenprojekt Versailles (1661 bis 82) mit dem staatssymbolisch wichtigen, königlichen Schlafgemach (mit Ehrenhof) und dem Spiegelsaal als Zentrum, mit Gartenanlagen und Radialstraßen.

    Diese Architektur bewirkte auch axiale, radiale Stadtgrundrissplanungen von Paris (Place de Vosges, ab 1605) und Nancy (1751 bis 55) und auch Konstruktionen von Pariser Hôtels und Wohnhäusern (kleinerer Maßstab). Die feudale Architektur dieser Zeit konzentrierte sich auf Paris (Louvre, Tuillerien, Palais du Luxembourg, Palais Royal u.a.). Um 1700 Auflockerung des Prunkstils im Régence-Stil, der zum Rokoko überleitete. An alten Vorbildern orientierte sich der Stil des Klassizismus (Petit Trianon in Versailles) unter Ludwig XVI.

    Zwischen 16. und 18. Jh. umfasste die französische Plastik verschiedene Stilrichtungen (Klassik, Manierismus, Barock). F. Primaticcio (Stuckdekoration in Fontainebleau), J. Goujon (Reliefs), G. Pilon (Grabmäler) gelten als manieristische Bildhauer. Bevorzugt wurden im 17. Jh. an antiken Vorbildern orientierte Standbilder, Reiterstatuen, Büsten, gestaltet von in der Mehrzahl klassizistischen Bildhauern, vereinzelt auch mit barocken Stilvarianten (A. Coysevox, M. Desjardins, É. Falconet, J.-B. Pigalle); bei P. Puget und J.-A. Houdon fehlen klassizistische Elemente.

    Inbegriff der französischen Klassizität ist in der Malerei N. Poussin durch ziervolle, gestellte Figurengruppen, harmonische Kompositionen mit weiten Räumen, präzise Zeichnung und Farbgebung. Ebenso bedeutsam sind der Porträtist P. de Champaigne und, als Gegenspieler Poussins (im 17. Jh.), der Landschaftsmaler Claude Lorrain mit mythologischen, leuchtenden, romantischen (Ideal-)Landschaften. Bedeutende provenzalische Maler dieser Epoche sind die Brüder Nain (Bauernbilder) und G. de La Tour. Im 18. Jh. bildete sich, als Rückzug ins Private, in Malerei und Kunstgewerbe der Rokokostil heraus, charakterisiert durch heitere, muschelartige Formgebung ("Rocaille"), durch frischen und natürlichen Ausdruck, helle Farbgebung und weichen, generösen Malstil, mit den Hauptmeistern A. Watteau, J.H. Fragonard, F. Boucher u.a.

    19. und 20. Jh.

    Durch Restauration und Deuxième Empire wird in der Architektur ein pompöser Historismus etabliert, mit eklektischer Aufnahme verschiedenster Stilelemente. Neubauten standen neben der Restauration alter Denkmäler, neben Neugotik, Neubarock, Neoklassizismus der (aus England kommende) Eisenskelettbau (Eiffelturm, 1889). Zu Beginn des 20. Jh. entwickelte sich mit Le Corbusier die avantgardistische profane wie sakrale Architektur, die expressive Wirkung mit funktionaler Systematik verbindet, der Baustil ist materialgerecht und streng.

    Die französische Plastik wurde zunächst überwiegend durch klassizistische Bildhauer bestimmt (A. Préault war eine kaum beachtete Ausnahme). A. Rodin, zunächst wegen der romantischen Wirkung seines Werkes abgelehnt, wurde dann im 20. Jh. der künstlerische Gegenpol zur klassizistischen Plastik A. Maillols.

    Auch in der Malerei wirkte im 19. Jh. der Kontrast zwischen Klassizismus und Romantik; bedeutende klassizistische Künstler waren David und Ingres; romantische Stilelemente reichten von den Rokokomalern über E. Delacroix, Th. Géricault bis zu den Historienmalern und Symbolisten (G. Moreau).

    Neue Tendenzen entwickelten sich parallel, so sozialkritische Grafik (G. Doré, H. Daumier), realistische Landschaftsmalerei (Courbet, realistische Schule von Barbizon) und Freilichtmalerei (insbesondere C. Corot) als Vorläufer des Impressionismus (C. Monet, A. Renoir, A. Sisley, C. Pissarro u.a.). Insbesondere É. Manet verzichtete auf die Tiefenillusion des Gemäldes (allerdings nicht auf den tektonischen Aufbau). Mit dem Pointilismus (G. Seurat, P. Signac) wurden die Farben unter physikalischen Gesichtspunkten gesetzt. Spätimpressionistische Aspekte bestimmen die Bilder von P. Bonnard, E. Vuillard u.a.

    Zu Beginn des 20. Jh.s entstanden symbolistische und synthetische Kunststile (Schule von Pont Aven), die der Farbe eine emotionale Bedeutung zuwiesen. Ähnliche Ansatzpunkte finden sich auch in der Malerei P. Gauguins, V. van Goghs oder H. Toulouse-Lautrecs und später der Fauves (darunter H. Matisse, M. de Vlaminck, A. Derain). Paul Cézanne wies mit seiner farbigen "Modulation" der Bildfläche (ähnlich wie vorher Manet) neue Wege, die z.B. den Kubismus (von G. Braque, P. Picasso 1907 in Paris gegründet und 1912 von J. Gris zum synthetischen Kubismus stilisiert) vorbereiteten. An die kubistische Flächengestaltung der Collagekunst knüpfte F. Léger an. Als emotionsbetonte Stilrichtungen der französischen Malerei des 20. Jh.s entstanden Dadaismus und Surrealismus mit bekannten Künstlern wie M. Ernst, H. Arp, S. Dali, J. Miró, A. Masson. M. Duchamp schuf mit seinen Readymades bereits den Übergang zur Objektkunst.

    Nur langsam entfaltete sich die abstrakte Malerei, die sich – nach zögerlichen Anfängen durch R. Delaunays Orphismus (dem Kubismus verwandt – mit Künstlerinnen und Künstlern der École de Paris (R. Bissière, J. Bazaine, M. Estève, A. Manessier, G. Schneider, P. Soulages, N. de Staël) erst in den späten vierziger Jahren etablierte.

    Es entwickelten sich verschiedene Stile wie der französische Tachismus (abstrakter Expressionismus, R. Mathieu, S. Poliakoff) u.a.; in den 50er Jahren dann Aufhebung traditioneller Gattungsvorstellungen und Etablierung der Objektkunst wie die "Assemblagen" aus Fundstücken und Trödel (César, Arman, J. Dubuffet), wie Sand- und Sackbilder (A. Burri, Dubuffet), wie "Nouveau Réalisme" u.a. Y. Klein konzipierte die einfarbige Malerei und stellte später die Verbindung der französischen Malerei zu Fluxus (Aktionskunst Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre) her, zu Happening und Konzeptkunst.

    In den 60er Jahren entstand der neokonstruktivistische Stil (Op-Art de Vasarélys und Sotos, Minimal-Art und kinetische Kunst), in den 70er Jahren die Riesendamen-Objekte von Niki de Saint-Phalle.