Indien Geschichte

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    Vor- und Frühgeschichte

    Auf dem Gebiet des heutigen Indien gab es bereits im dritten Jahrtausend vor Christus eine hoch entwickelte Kultur, die heute Harappa- oder Induskultur genannt wird. Etwa ab Mitte des zweiten Jahrtausends vor Christus drang vom Norden her das Nomadenvolk der Arier ("arya", Edle) in das Land ein und verdrängte die Draviden nach Süden.


    Hier wurde der Grundstein gelegt für eine unterschiedliche kulturelle Entwicklung des Nordens und des Südens. Für das Jahr 1000 v.Chr. ist erstmals das wahrscheinlich von den Ariern entwickelte vierstufige Kastensystem belegt, das u.a. dazu diente, eine Vermischung der hellhäutigen Nomaden mit den unterworfenen Völkern zu unterbinden. Eine der bedeutendsten Quellen aus dieser Zeit ist die Weda, eine in Sanskrit abgefasste Schriftensammlung, die die Grundlagen der damaligen wedischen Religion und damit des heutigen Hinduismus darstellt.

    In den folgenden Jahrhunderten entstanden in Nordindien zahlreiche selbstständige Fürstentümer und Königreiche. Um 560 v.Chr. wurde im Nordosten des indischen Subkontinents Siddharta Gautama geboren, der aus einer adligen Familie stammte. Als Buddha ("der Erleuchtete") wurde er Begründer des Buddhismus, der das Kastensystem ablehnt und ein asketisches Leben predigt.

    Der Buddhismus breitete sich in weiten Teilen des heutigen Indiens aus, vor allem durch das ständig wachsende Reich des Königs Bimbisaras von Magaltha (um 540 v.Chr. geboren), der ebenfalls Anhänger dieser Bewegung war. Der Nordwesten des Subkontinents und das Tal des Indus waren seit Beginn des 6. Jahrhunderts v.Chr. unter der Herrschaft der Perser (Achämenidenreich). Um 330 v.Chr. besiegte Alexander der Große die persischen Truppen, musste aber seinen Indienfeldzug nur wenig später abbrechen.

    Das erste indische Großreich entstand ab 320 v.Chr., das so genannte Maurya-Reich. Unter Ashoka (268-232 v.Chr.) erlebte es seine Blütezeit und dehnte sich fast über den gesamten indischen Subkontinent aus (bis auf einige Gebiete im Süden des Landes). Zahlreiche buddhistische Klöster wurden gegründet. Nach Ashokas Tod zerfiel das Großreich wieder in zahlreiche Einzelstaaten. Der Brahmanismus und damit der Hinduismus verdrängten den Buddhismus in weiten Teilen des Landes.

    Mittelalter

    Erst im vierten Jahrhundert n.Chr. entstand unter Chandragupta I. ein neues Großreich im Norden des indischen Subkontinents, aber den Herrschern der Gupta-Dynastie gelang es nicht, das Reich auch auf den Südteil des Landes auszudehnen. Gegen Ende des 5. Jahrhunderts zerfiel das Reich unter dem Ansturm der aus Zentralasien stammenden nomadischen Hepthaliten, die auch die "Weißen Hunnen" genannt wurden. In den nächsten Jahrhunderten folgte die Herrschaft der Maukhari- und der Gudschara-Pratihara-Dynastien, deren Zentrum Kanauj war. Im Süden des indischen Subkontinents war ab der Mitte des 9. Jahrhunderts die Chola-Dynastie von Bedeutung.

    Bereits ab dem 7. Jahrhundert war es immer wieder zu Einfällen von islamischen Arabern in den Norden gekommen, die abgewehrt werden konnten. Erst unter Sultan Mahmud von Ghazni Ende des 10. Jahrhunderts drang der Islam bis nach Nordindien vor. Das um 1206 gegründete Sultanat von Delhi ließ den Islam für die nächsten Jahrhunderte zur bestimmenden Kraft in Nordindien werden. Ab 1320 gehörten auch einzelne Gebiete im südlichen Teil des Landes dazu, in weiten Teilen war hier die hinduistische Chola-Dynastie, gefolgt von der Pandja-Dynastie, die vorherrschende Macht.

    Neuzeit

    1498 ging der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama in Calicut in Südwestindien an Land. Er war der erste Europäer, der Afrika umsegelte und den indischen Ozean durchquerte. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte errichteten die Portugiesen an der südindischen Küste und auf den vorgelagerten Inseln mehrere Handelsniederlassungen und setzten damit den Grundstein für ihre Rolle als dominierende Handelsmacht im Indischen Ozean.

    Mitte des 16. Jahrhunderts war Nordindien Teil des islamischen Mogulreiches, das von Babur von Kabul, einem Nachfahren des Timur-Leng, gegründet worden war. Seine größte Ausdehnung erreichte das Mogulreich im 17. Jahrhundert unter Kaiser Aurangseb (1658-1707), auch Südindien gehörte dazu. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Akbar (1556-1605), der sich den hinduistischen Herrschern gegenüber sehr tolerant zeigte, bekämpfte Aurangseb den Hinduismus. In den folgenden zwei Jahrhunderten lehnten sich immer mehr Völker, wie z.B. die Sikhs in Punjab, gegen das Mogulreich auf.

    Währenddessen nahm die Einflussnahme der europäischen Mächte auf dem indischen Subkontinent zu: Großbritannien hatte Portugal als führende Handelsmacht in dieser Region abgelöst und die meisten Gebietsansprüche Frankreichs und Dänemarks in Indien erfolgreich abgewehrt. Im Jahr 1600 war von britischen Kaufleuten die "East India Company" gegründet worden, die in den folgenden Jahrzehnten eine weites Netz von Handelsniederlassungen auf dem indischen Subkontinent anlegte. Britische Truppen setzten sich gegen die indischen Herrscher durch.

    19. und 20. Jahrhundert

    Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Indien offiziell von der britischen Regierung zur Kronkolonie erklärt und damit der Gewalt des britischen Monarchen unterstellt. Über die rund 500 Fürstentümer herrschte ein General-Gouverneur, der den Titel eines Vizekönigs trug.

    Großbritannien förderte die Entwicklung von Wirtschaft und Infrastruktur im Land durch den Bau von Straßen, Einführung des Telegrafen usw. Die im großen Stil abgehaltene Krönungszeremonie der britischen Königin Viktoria zur Kaiserin von Indien im Januar 1877 in Delhi sollte Indien noch enger an das Empire binden.

    Denn ab 1885 (Gründung der überwiegend von Hindus geführten Nationalen Indischen Kongresspartei, Indian National Congress) wurden immer mehr Stimmen laut, die politische Mitbestimmung und soziale Reformen in Indien forderten. Der Indian National Congress spaltete sich 1907 in einen gemäßigten und einen radikalen Flügel. Als Gegenpol zum zum Nationalkongress hatten Moslems 1906 die Muslimliga (All Indian Muslim League) gegründet.

    Als Leitfigur des indischen Freiheitskampfes wurde Mohandas Karamchand Gandhi (1869-1948) weltweit bekannt. Mahatma Gandhi trat für gewaltfreien und passiven Widerstand gegen die britische Vorherrschaft ein und propagierte ein friedliches Nebeneinander von Hindus und Muslimen. Auch die Abmilderung bzw. Abschaffung des Kastensystems gehörten zu Gandhis Zielen. Genau wie Jawaharlal Nehru (1889-1964) gehörte Gandhi der Nationalen Kongresspartei an, die 1937 bei den ersten freien Wahlen in fast allen Landesteilen siegte.

    Im folgenden verschärfte sich der Konflikt zwischen Hindus und Moslems, als Nehru, Vorsitzender der INC, die Zusammenarbeit mit der Muslimliga ablehnte. Daraufhin forderte die Führung der Moslemliga einen eigenen islamischen Staat, der Pakistan heißen sollte. Bereits 1935 war ein Teil von Britisch-Indien von der Krone in die Unabhängigkeit entlassen worden, das überwiegend buddhistische Birma, das 1886 an die Kronkolonie angegliedert worden war.

    1947 wurde Britisch-Indien von Großbritannien in die Unabhängigkeit entlassen und in die überwiegend hinduistische Republik Indien und das islamische Pakistan aufgeteilt. Pakistan wiederum bestand aus West-Pakistan und Ost-Pakistan (Ost-Bengalen, heute Bangladesch), zwei Landesteilen, die an die 1700 km voneinander getrennt waren. In den folgenden Jahren kam es zu Massenabwanderungen (geschätzte 8 Millionen) von Moslems aus Indien nach Pakistan bzw. umgekehrt von Hindus aus Pakistan nach Indien.

    Immer wieder forderten blutige Auseinandersetzungen tausende von Menschenleben. Der Erste Indisch-Pakistanische Krieg (bis 1949), eine Fortsetzung der jahrhundertealten Kämpfe zwischen Hindus und Moslems, wurde durch den Einzug muslimischer Truppen in das Fürstentum Kaschmir ausgelöst. Die exponierte Lage Kaschmirs im äußerten Nordwesten mit Grenzen zu China und Russland verlieh dieser Region ein eigenes Gewicht. Sowohl Indien als auch Pakistan beanspruchten dieses Gebiet für sich, was zu einem bis heute ungelösten Konflikt (Kaschmir-Konflikt) führte. Daran änderte auch die Teilung Kaschmirs in zwei Gebiete nichts.

    1950 trat in Indien eine Verfassung in Kraft, die ein parlamentarisch-demokratisches System für das Land festlegte. Die Indische Union bestand aus 27 Bundesstaaten und 6 Territorien. Dominierende Partei war die Kongresspartei INC, die bis 1977 alle Wahlen gewann. Erster Regierungschef (Premierminister) des Landes wurde Nehru (bis 1964), erster Staatspräsident Rajendra Prasad. In der Verfassung wurde u.a. festgelegt, Hindi als offizielle Amtssprache bis spätestens 1965 für das gesamte Land einzuführen, was zu wiederholten blutigen Unruhen in Südindien führte, da dort andere Sprachen dominierten.

    Außenpolitisch versuchte Indien unter Nehru, den Supermächten gegenüber neutral zu bleiben. Das Verhältnis zu China wurde durch den Kaschmir-Konflikt und durch die Besetzung Tibets durch China 1950 erheblich belastet. Nachdem Indien dem tibetischen Dalai Lama 1959 Asyl gewährte und die Errichtung einer tibetischen Exilregierung in Nordindien zuließ, nahmen die Spannungen weiter zu und eskalierten 1962 in eine militärische Auseinandersetzung. Der ungelöste Kaschmirkonflikt führte 1965 zum zweiten Indisch-Pakistanischen Krieg (bis 1966).

    Im gleichen Jahr wurde die Tochter Nehrus, Indira Ghandi, Premierministerin der Indischen Union. Sie verfolgte weiter einen blockfreien Kurs bei vorsichtiger Annäherung an die UdSSR. Im Konflikt zwischen West- und Ostpakistan (das die Unabhängigkeit von Westpakistan anstrebte) ergriff Indien für die Separatisten Partei (1972 Gründung von Bangladesch), was zum dritten Indisch-Pakistanischen Krieg führte (1971 bis 72).

    1975 annektierte Indien das Königreich Sikkim an der Nordostgrenze Indiens zu China und machte es zu einem Bundesstaat der Indischen Union. Seit 1950 war Sikkim unter indischem Protektorat gestanden.

    Innenpolitisch hatte das Land immer wieder mit regionalen Konflikten zu kämpfen. Die Sikhs in Punjab forderten einen eigenen unabhängigen Staat, im Zusammenhang damit kam es wiederholt zu Auseinandersetzungen zwischen indischen Regierungstruppen und den Aufständischen. Als Indira Ghandi 1984 von zwei Sikhs ermordet wurde, wurde ihr Sohn Rajiv Ghandi indischer Premierminister, nachdem er die Wahlen mit großer Mehrheit gewonnen hatte.

    Auch er wurde Opfer eines Attentats (1991). Weder Rajiv Ghandi noch seinem Nachfolger Narasimha Rao gelang es, den anhaltenden Konflikt in Punjab zu lösen, wo es immer wieder zu Revolten von Sikhs kam. Auch in Assam gibt es separatistische Strömungen, die eine Loslösung von der Indischen Union zum Inhalt haben. Zu den innenpolitischen Problemen des Landes gehört außerdem die sprunghaft ansteigende Bevölkerungszahl, die zu immer mehr Armut führt.

    1998 lebten rund 50 % aller Inder unterhalb der Armutsgrenze. Des Weiteren kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Religionen: 2002 gab es im Westen von Indien Kämpfe zwischen Hindus und Moslems mit zahlreichen Toten, 2003 in Bombay den schwersten Anschlag seit einem Jahrzehnt: Die Terrorattacke der extremistischen "Islamischen Studentenbewegung Indiens" (SIMI) forderte 52 Tote und über 150 Verletzte.

    Der anhaltende Konflikt zwischen Indien und Pakistan (Friedensverhandlungen waren wiederholt gescheitert) bekam 1998 eine neue Dimension, als Indien durch eine Reihe unterirdischer Atomtests Stärke demonstrierte, was von Pakistan noch im gleichen Monat durch ebensolche Tests beantwortet wurde. Indien hat weder den Atomwaffensperrvertrag von 1968 noch das Test-Stoppabkommen von 1996 unterzeichnet. Es kommt immer wieder zu militärischen Auseinandersetzungen im umstrittenen Grenzgebiet zwischen den beiden Staaten, außerdem zu Anschlägen einer muslimischen Terrororganisation, die für die Unabhängigkeit des indischen Teils von Kaschmir kämpft.

    Nicht zuletzt der anhaltende Kaschmir-Konflikt führte dazu, dass der Militäretat durch die indische Regierung für das Jahr 2000 um fast 30 % erhöht wurde. Nach einem Anschlag auf das indische Parlament im Dezember 2001 verlegten beide Staaten Mittelstrecken-Raketen an die Grenze, die Lage spitzte sich dramatisch zu, entspannte sich jedoch nach Vermittlung der USA im Juni 2002 wieder etwas.

    Nachdem im November 2003 beide Länder im Kaschmirgebiet den Waffenstillstand ausgerufen hatten, kam es im Januar 2004 zu bilateralen Gesprächen zwischen dem pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf und dem damaligen indischen Premierminister Atal Behari Vajpayee. Ein Abkommen zur Beendigung der Gewalt im umstrittenen Kaschmir-Gebiet war das Ergebnis.

    Im März 2001 kam es zu einem Korruptionsskandal; zahlreiche hochrangige Beamte, Militärs und Politiker wurden der Annahme von Bestechungsgeldern überführt.

    Bei den Parlamentswahlen im Mai 2004 gewann die Oppositionsführerin Sonia Gandhi mit 217 Mandaten überraschend gegen die Regierungskoalition von Ministerpräsident Atal Behari Vajpayee, der daraufhin zurücktrat. Nachfolger des Hindu-Nationalisten wurde Ex-Finanzminister Manmohan Singh. Staatspräsident war seit 2002 A.P.J. Abdul Kalam.

    Im Oktober 2005 zerstörte ein Erdbeben, dessen Epizentrum im pakistanischen Teil Kaschmirs lag, zahlreiche Siedlungen; mehrere Hundert Menschen sterben.

    Bei den Präsidentschaftswahlen am 19. Juli 2007 wurde Pratibha Patil als erste Frau zur Präsidentin gewählt.

    Weblinks

    Indien

    Kalenderblatt - 18. April

    1521 Martin Luther erscheint zum zweiten Mal vor dem Wormser Parteitag, verteidigt sich vor Kaiser und Reich und lehnt den Widerruf ab.
    1951 Frankreich, die Bundesrepublik Deutschland, Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg schließen ihre Kohle- und Stahlindustrie in der Montanunion zusammen und verzichten auf ihre nationalen Souveränitätsrechte über diese Industriezweige.
    1968 Die tschechoslowakische Nationalversammlung wählt Josef Smrkovský zu ihrem neuen Präsidenten, der als einer der populärsten Politiker des "Prager Frühlings" die volle Rehabilitierung der Opfer der Stalinzeit und die Sicherung eines wirklich freien politischen Lebens zu seiner Aufgabe erklärt.