Geschichte: Restauration und Revolution

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    Die eigentlichen Sieger über Napoleon waren die alten absolutistischen Machthaber. Sie erstrebten unter der geistigen und diplomatischen Führung des österreichischen Staatskanzlers Fürst Klemens von Metternich (1773-1859, seit 1809 Außenminister, seit 1821 Staatskanzler) auf dem Wiener Kongress von 1815 die Restauration der vorrevolutionären absolutistischen Staatsordnung in Europa. Metternichs Idee des Gleichgewichts unter autonomen Großmächten machte ihn zum außenpolitischen Verbündeten der Engländer (Castlereagh), die in dieser Übereinstimmung einen wichtigeren Faktor ihrer Politik sahen als etwa in der Liberalisierung Europas und Deutschlands.


    Metternich wurde so zum Gegner der nationalen und liberalen deutschen Bewegung, die er auch im Interesse des Zusammenhalts des österreichischen Nationalitätenstaates unterdrückte. Wie wenig man in Wien auf echte nationale Anliegen Rücksicht nehmen wollte, zeigt die Tatsache, dass es erst heftiger Proteste der Einwohner Saarbrückens bedurfte um die Rückkehr der Saar zu Preußen, also einem deutschen Lande zu erzwingen. Der Deutsche Bund (1815) wurde daher nur eine Föderation praktisch souveräner deutscher Fürstenstaaten. Der Bundestag in Frankfurt war ein Gesandtenkongress, keine Volksvertretung. Der Artikel 13 der Bundesakte (Einführung von Landständen, also Volksvertretungen in den Mitgliedstaaten) blieb vorerst nur Programm.

    Die reaktionären Kräfte Europas fanden sich im Bündnis der Heiligen Allianz (1815), dem Zusammenschluss Alexanders I. von Russland, Franz I. von Österreich (Franz II. Joseph Karl) und Friedrich Wilhelms III. von Preußen. Ihr Ziel nach innen war die Wiederherstellung der absolutistisch-patriarchalischen und christlichen Staatsordnung gegen die revolutionären Kräfte der Zeit, die bürgerlich-liberalen ebenso wie die in ersten Anfängen sich entwickelnden sozialistischen und die nationalen. Der "Deutsche Bund" wurde zum Instrument österreichischer Machtpolitik statt zur staatlichen Zusammenfassung aller Deutschen im Sinne der Bewegung der "Jungdeutschen".

    Außenpolitisch diente die Allianz der Wahrung des europäischen Friedens als Garant dieser inneren Ordnung. So wurde die Heilige Allianz, ursprünglich vom Zaren als Instrument der russischen Führungsrolle in Europa gedacht, dank Metternichs kluger Diplomatie zum Instrument seiner inneren und äußeren Gleichgewichtspolitik. Der Staatstheoretiker Karl Ludwig von Haller aus Bern gab 1816 in seinem Buch Die Restauration der Staatswissenschaften dem Zeitalter seinen Namen. In Preußen wirkte Friedrich Julius Stahl als Vertreter der konservativ-christlichen Staatsidee (Der christliche Staat, 1847).


    Die Zeit zwischen 1815 und 1848 war erfüllt vom Kampf zwischen dem "System Metternich" und den revolutionären Kräften. 1815 wurde die Burschenschaft in Jena gegründet. Sie setzte die Ziele der "Deutschen Bewegung" der Befreiungszeit fort und erstrebte unter ihrer Fahne Schwarz-Rot-Gold ein konstitutionelles, christliches deutsches Reich. Die Stärke dieser Bewegung zeigte sich 1817 bei dem Wartburgfest der Burschenschaftler mit seiner Erinnerungsfeier an die Reformation und die Schlacht bei Leipzig. Es kam zur Verbrennung der Bundesakte, reaktionärer Schriften und Symbole. Aber nur in einzelnen deutschen Mittelstaaten (1816 in Sachsen-Weimar, 1818 in Bayern und Baden, 1819 in Württemberg) kam es zur Verkündung von Verfassungen.

    Als 1819 der Komödiendichter August von Kotzebue, ein angeblicher russischer Agent der Heiligen Allianz, von dem Burschenschaftler Karl Ludwig Sand ermordet wurde, berief Metternich mit Hilfe des Bundes einen Kongress nach Karlsbad und setzte im Sinne der Heiligen Allianz die "Karlsbader Beschlüsse" durch. Sie brachten ein Verbot der Burschenschaft, verhängten Polizeiaufsicht über die Universitäten und errichteten die Zentraluntersuchungskommission in Mainz zur Verfolgung so genannter "Demagogen". Arndt und Jahn wurden ihrer Ämter enthoben und verhaftet.

    Auf den Monarchenkongressen von Troppau und Laibach (1820/21) beschlossen Russland, Österreich und Preußen, allen Fürsten Beistand gegen revolutionäre Aufstände zu leisten und übertrugen Österreich die Aufgabe gegen die Nationalrevolutionäre in Neapel ("Carbonari") und Sardinien vorzugehen. In Piemont wollten Nationalisten die einzige einheimische Dynastie der italischen Teilstaaten zum nationalen Einigungskampf zwingen. Die Aufstände von 1821 und 1831 in Italien hatten das doppelte Ziel, den dynastischen Absolutismus zu beseitigen und die Fremdherrschaft in Italien auszuschalten. Auf dem Kongress von Verona (1822/23) erhielt Frankreich von der Heiligen Allianz den Auftrag, die liberale Bewegung in Spanien und Portugal niederzukämpfen, was auch gelang. Jedoch lösten sich die südamerikanischen Kolonien mit Unterstützung Englands und Amerikas vom Mutterland.

    Der Präsident der USA, James Monroe (1817-1823), verkündete in diesem Zusammenhang die nach ihm benannte "Monroedoktrin" gegen europäische Kolonisation und politische Einmischung europäischer Staaten in amerikanische Angelegenheiten (1823). Während des Aufstandes der Nationalisten in Griechenland gegen die türkische Herrschaft (1821-1829) war Metternichs Politik protürkisch, Russland aber trat wegen seiner Nahostinteressen an die Seite Englands und Frankreichs gegen die Türken. In Deutschland unterstützte die philhellenische Bewegung die Sache der Griechen. Victor Hugo, Lord Byron und Wilhelm Müller (der so genannte Griechenmüller) besangen den griechischen Freiheitskampf. So brachten die divergierenden außenpolitischen Interessen eine erste Erschütterung des Systems der Heiligen Allianz.


    Diese Erschütterung wirkte zurück auf die innenpolitische Lage. Während in Russland Zar Nikolaus I. (1825-1855) den liberalen Offiziersaufstand der Dezembermänner (Dekabristen) im Dezember 1825 niederwarf, hatten die liberalen Aufstände in Belgien und Polen sehr unterschiedliche Ergebnisse. Belgien löste sich von den Niederlanden und wurde selbstständiges Königreich. Die belgische Verfassung von 1831 brachte ausgedehnte Freiheitsrechte (Vereinsfreiheit, Freiheit der Kirchen im Staat, Pressefreiheit usw.) und weitgehende Selbstverwaltung; sie diente später als Muster für die Verfassungen deutscher Staaten, z.B. Preußens. Die von den Großmächten garantierte und Belgien auferlegte Neutralisierung sollte das europäische Gleichgewichtssystem sichern. Polen aber wurde russische Provinz; eine Welle polnischer Emigranten brach daraufhin über Europa herein. Der polnische Aufstand war beeinflusst von der französischen Julirevolution von 1830. In Frankreich war die liberale Verfassung von 1814 (Ludwig XVIII.) wegen ihres strengen Wahlzensus der bürgerlichen Kritik ausgesetzt. Reaktionäre Bestrebungen des Königs (Karl X., seit 1824) und des Adels zielten sogar auf eine Wiederherstellung der Adelsprivilegien ab. Am 26. Juli 1830 wurde die Pressefreiheit aufgehoben, die Kammer aufgelöst und ein neues Wahlgesetz verkündet, das nur noch Großgrundbesitzern das Wahlrecht ließ. Dies führte zum Aufstand der Studenten und Arbeiter in Paris und zur Flucht des Königs. Bürgerliche Kräfte aber verhinderten die Ausrufung der Republik. Louis Philippe, Herzog von Orléans, wurde zum "roi bourgeois" (Bürgerkönig) erhoben; er regierte von 1830 bis 1848 im Sinne einer konstitutionellen, aber weiterhin autoritären Monarchie.

    In Italien verband der des Landes verwiesene Rechtsanwalt Giuseppe Mazzini (1805-1872), ein großer Propagandist der vaterländischen Einheit ("Risorgimento") Liberalismus, Nationalismus und die Ideen eines revolutionären Europa in dem 1834 in Bern von ihm gegründeten Bund "Das junge Europa". In Deutschland wurden unter dem Eindruck der Julirevolution liberale Verfassungen in Hannover, Braunschweig, Hessen-Kassel und Sachsen gegeben.


    Die Unruhe in Deutschland hielt an. Ihre geistige Führung lag bei der Schriftstellergruppe des "Jungen Deutschland". Heinrich Laube, Karl Gutzkow, Heine, Borne und Georg Büchner vertraten weltbürgerliche und republikanische Ideen. Das Hambacher Fest von 1832 brachte die erste liberale Volksversammlung. Hier zeigte sich die fortschreitende Organisation der bürgerlich-liberalen und der revolutionären Kräfte in Süddeutschland. Einheit, Freiheit und Deutsche Republik waren ihre Parolen. Im Frankfurter Wachensturm von 1833 wollten Studenten mit dem Angriff auf die Hauptwache eine allgemeine Volkserhebung einleiten. Auf Veranlassung Metternichs wurde daraufhin eine neue Untersuchungskommission zur Demagogenverfolgung durch den Deutschen Bund eingesetzt.

    Nach Auflösung der Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover erkannte der neue Landesherr von Hannover, Ernst August (Onkel der Königin Viktoria), 1837 die Verfassung von 1831 nicht mehr an. Das wachsende Selbstbewusstsein der liberalen Bewegung zeigte sich alsbald im Protest der "Göttinger Sieben", der Professoren F.C. Dahlmann, G.G. Gervinus, Wilhelm und Jacob Grimm, W. Albrecht, H. Ewald und Wilhelm Weber, die daraufhin entlassen wurden. Nicht nur die akademische Jugend (Burschenschaft), sondern auch die Professorenschaft dachte überwiegend liberal. In der Schweiz besiegten im Jahre 1847 die liberal und unitarisch gesinnten protestantischen Kantone im Sonderbundskrieg die katholischen Kantone, die eine konservative und partikularistische Politik durchsetzen wollten. Der Schweizer Staatenbund von 1815 wurde durch einen modernen, liberalen, parlamentarisch regierten Bundesstaat ersetzt, dessen Verfassung noch heute gültig ist. Diese Vorgänge gaben das Signal zur Revolution von 1848/49.

    Kalenderblatt - 23. April

    1980 Im so genannten zweiten Kohle-Strom-Vertrag verpflichten sich die deutschen Stromversorger zur Abnahme der heimischen Steinkohle. Ziel der Vereinbarung ist neben dem Verzicht auf überflüssige Importe die Sicherung von 100 000 Arbeitsplätzen.
    1990 Karl-Marx-Stadt erhält wieder den Namen Chemnitz. Anlass dazu gab eine Bürgerbefragung, bei der 76 % der Einwohner dafür stimmten.
    1998 Internationale Fluggesellschaften dürfen künftig Nordkorea überfliegen.